Mohn

Mohnöl wird aus den Samen des Schlafmohns aus der Familie der Papaveraceae gepresst, einer alten, aus dem Mittelmeerraum stammenden Kulturpflanze, die heute bevorzugt in Südosteuropa und in Asien angebaut wird, u. a. in der Türkei, in China, Indien und  Tchechien. Kleinere Anbaugebiete vor allem von Graumohn existieren seit einigen Jahren u. a. in Österreich, das durch das Waldviertler Mohnöl bekannt geworden ist. In der Schweiz hergestelltes Mohnöl ist ein Nischenprodukt.

Mohnblüte

Bekannt ist der Schlafmohn durch den milchigen, als Rohopium bekannten Saft der unreifen Samenkapsel, der verschiedene Alkaloide enthält und als Ausgangsstoff zur Gewinnung verschiedener Rauschmittel dient. Für die Gewinnung des hellgelben, nussig schmeckenden Mohnöls werden spezielle, alkaloidarme Sorten verwendet. Ihr Gehalt an Lipiden ist hoch und kann bis zu 50 % betragen; dennoch ist die Ölgewinnung aufwändig: die feinen Samen sind schwer zu pressen. Sie sind je nach Genotyp hell (weißlich oder gelblich), grau, graublau, sogar pink bis hin zu schwarz. Kommerziell unterschieden wird vor allem Grau-, Blau- und Weißmohn, die sich neben der Farbe in der Größe der Samen und dem Schalenanteil unterscheiden; letzterer prägt auch den Geschmack des Öls. Während die hellen Samen eher im asiatischen Raum verbreitet sind und im Geschmack ein sehr mildes Öl ergeben, werden in Deutschland und Österreich vor allem die im Geschmack kräftigeren Blau- bzw. Graumohnsorten angebaut.

Beim Kauf sollten Sie auf seriöse Herkunft achten; Mohnöl wird gerne mit dem günstigeren Sonnenblumenöl verschnitten. Mittlerweile gibt es jedoch Methoden, die spezifische Zusammensetzung flüchtiger Komponenten des Mohnöls zu bestimmen und einen Zusatz von Sonnenblumenöl nachzuweisen.

Inhaltsstoffe

Dominante Fettsäure des Mohnöls ist die 2-fach ungesättigte Linolsäure, die – je nach Genotyp der Pflanzen – bis zu 70 % einnimmt, wobei ihr Wert je nach Anbaugebiet und Sorte zwischen 62 und 74 % schwanken kann. Neben Linolsäure enthält Mohnöl die einfach ungesättigte Ölsäure; ihr Anteil zeigte in verschiedenen Analysen deutliche Korrelationen mit dem Gehalt an Palmitinsäure und beträgt ca.13–17 %; vereinzelte Analysen wiesen jedoch deutlich höhere Anteile bis zu 30 % auf. Ausgesprochen niedrig liegt mit durchschnittlich 2 % der Stearinsäureanteil; er scheint in verschiedenen Genotypen der Pflanze relativ einheitlich zu sein. Unter 1 % (durchschnittlich 0,5%ig) ist die 3-fach ungesättigte α-Linolensäure nachweisbar, andere Fettsäuren sind nur in Spuren vertreten. Die Schwankungen sind nachvollziehbar, berücksichtigt man, dass der Handel sowohl Öle aus asiatischen Regionen wie auch aus dem wesentlich kühleren Westeuropa anbietet. Fragen Sie Ihren Anbieter nach einer Analyse oder einer Spezifikation für das Öl aus seinem Sortiment; kleinere Ölmühlen, die selber pressen, geben selten eine chargenbezogene Fettsäureanalyse in Auftrag, da sie die Herkunft des Öls und seine Sortenreinheit kennen. Hier liegt in der Regel eine Spezifikation vor. In meinem Fettsäure-Diagramm habe ich Werte zugrunde gelegt, die sehr typisch sind. Grundsätzlich gilt, dass in kühleren Anbaugebieten der Anteil an mehrfach ungesättigten Fettsäuren wie Linolsäure tendenziell höher ist als in warmen Regionen.
Beachtenswert ist der bis zu 40 % hohe Anteil an Trilinolein (LLL) an der Triglycerid-Zusammensetzung, bei dem alle 3 Bindungsstellen des Glycerins mit Linolsäure besetzt sind; es liegt damit zwischen Traubenkern- und Distelöl. Diese spezifische Triglyceridstruktur prägt den eher leichten, nicht aufliegenden Charakter des Öls, obwohl der Palmitinsäureanteil mit 11 %, vereinzelt bis an die 18 %, relativ hoch liegt.
Hinsichtlich seines Tocopherolgehalts liegt es mit ca. 38–62 mg/100 g Öl eher im unteren Mittelbereich; hier dominiert β-Tocopherol.

Oft Erwähnung findet der mit angeblich 500 µg/100 g extrem hohe Vitamin-K-Gehalt des Mohnöls, der Mohnöl wegen der kapillarstabilisierenden Wirkung dieses Vitamins bei Couperose empfehlenswert erscheinen lässt. Meine Recherchen online und in Büchern führen alle auf eine einzige Quelle zurück; andere Quellen weisen gar keine oder geringe Gehalte von 25 µg/100 g an diesem fettlöslichen Vitamin aus. Biochemisch betrachtet wird Vitamin K vor allem in den Chloroplasten von Grünpflanzen synthetisiert; insofern ist ein hoher Gehalt in einem Samenöl meines Erachtens nicht schlüssig. Daneben findet sich Vitamin K in einigen Früchten wie Tomaten, Kartoffeln und Hagebutten und in Milchprodukten in nennenswerten Mengen (dort vermutlich aus der Grünfütterung der Tiere herführend); in »Fetten und Ölen ist Vitamin K in geringen Konzentrationen enthalten«, notiert ein Lehrbuch der Lebensmittelchemie (Robert Ebermann/Ibrahim Elmadfa: Lehrbuch Lebensmittelchemie und Ernährung. Springer-Verlag, 2011, S. 158).
Ich würde diese Information daher vorerst unter Vorbehalt zur Kenntnis nehmen. Wahrscheinlicher ist es die insgesamt barrierestabilisierende Wirkung des Öls durch sein Fettsäuremuster und den nur geringen Anteil aktivierender Linolensäure, die den beruhigenden Effekt auf unruhige, gerötete Hautpartien begründet.

Kosmetischer Einsatz

Das dem Sonnenblumenöl im Fettsäurespektrum ähnliche Mohnöl ist im Hautgefühl eher leicht; sein gegenüber ersterem ausgeprägte Palmitinsäureanteil gibt ihm jedoch eine deutlich schützendere Wirkung. Ich habe es in der Anwendung als sehr sanftes und irritierte, zu Rötungen neigende Haut beruhigendes Öl schätzen gelernt, das mit Linol- und Palmitinsäure zwei die Haut barriereschicht unterstützende Fettsäuren mitbringt. Wer ein haptisch leichtes, mildes und dennoch regenerierendes Öl sucht, findet in Mohnöl möglicherweise seinen Favoriten. Optimal wird Mohnöl mit oxidativ stabilisierenden Ölen wie Jojoba-, Wiesenschaumkrautöl oder Squalan gemischt, z. B. ergänzt mit Kameliensamenöl (bei sensibler Haut), mit Argan- oder Avocadoöl (bei trockener und reifer Haut) oder mit Traubenkernöl (vor allem bei von leichten Unreinheiten betroffener, fettender Haut).

Quellenangaben und weiterführende Informationen

  1. D. K. Salunkhe: World oilseeds. Chemistry, technology, and utilization. 1992
  2. Andrea Hlinková, Michaela Havrlentová, Jana Šupová, Adriána Bednárová: Poppy Seed (Papaver somniferum L.): Effect of genotype and year of cultivation on variability in its lipid composition. Journal of Microbiology, Biotechnology and Food Sciences, 2012, 1 (February Special issue) 908–922
  3. Sabine Krist, Gerald Stuebiger, Stefanie Bail, Heidrun Unterweger: Detection of Adulteration of Poppy Seed Oil with Sunflower Oil Based on Volatiles and Triacylglycerol Composition. J. Agric. Food Chem., 2006, 54 (17), pp 6385–6389
  4. Produktspezifikation der Ölmühle Fandler
  5. Thomas Krummer